Männer sind meistens gut im Denken und Analysieren, Strukturieren und Konzepte entwerfen, etwas anpacken und umsetzen, ein Haus bauen oder eine neue Technik erfinden, ferne Länder oder eine
schöne Frau erobern, Ziele ausmachen und systematisch ansteuern.
In der essentiellen Arbeit geht es nicht darum, diese Männerstruktur zu bewerten. Wir schauen uns die Dinge genau an und gehen dabei in essentiell tiefe Ebenen. Die Qualitäten selbst sind aus
Sicht der Essenz weder gut noch schlecht. Erst die Art und Weise, wie sie gelebt werden und zum Ausdruck kommen, entscheidet, ob sie zum Wohl der eigenen Person, der Mitmenschen, der Umwelt etc
gereichen oder destruktiv werden.
Dass wir Männer mehr oder weniger einseitig auf "Mann" geeicht sind, wie Herbert Grönemeyer es einmal formulierte, ist hinreichend bekannt. Ob Mann oder Frau - etwas in uns allen sehnt sich nach
Ganzheit. Genau diese Ganzheit erstreben wir in diesem Ansatz mit zwei Schwerpunkte:
1. Wir wollen die nicht so manntypischen Qualitäten, die aber genauso zu uns Männern gehören und im tiefsten Kern in jedem Mann ureigen angelegt sind, an die Oberfläche befördern und für das
gelebte Leben zugänglich machen:
• Rezeptiv und empfänglich sein
• Zuhören und aufnehmen, zuerst mir selbst gegenüber, meinen Gefühlen, Bedürfnissen und Befindlichkeiten und dann dem/der anderen gegenüber
• Herzbereich öffnen (erst Fühlen, dann Denken)
• Intuition öffnen und mein Handeln daraus ableiten
• Fühlverstand entwickeln, zuerst den Bauch befragen und anfühlen, erst dann die (vermeintlichen) Fakten analysieren und bewerten
Man könnte denken, dass das weibliche Qualitäten sind. Wir können das so benennen und unterscheiden, aber das ist nicht relevant. In uns Männern sind diese Qualitäten genauso angelegt wie in den
Frauen. Mich als Mann für diese Qualitäten zu öffnen und sie in mir zu kultivieren, bedeutet keineswegs zu "verweiblichen", mich klein oder weich oder schwach zu machen. Im Gegenteil - je mehr
ich diese Qualitäten zur Verfügung habe, je mehr komme ich in meine wahre, authentischen Stärke, d.h. zur Essenz meiner Kraft und Stärke. Mehr noch - diese Qualitäten sind Voraussetzung dafür,
dass wir in dem Spannungsfeld zwischen männlichen und weiblichen Qualitäten zu einer Ganzheit gelangen.
2. Um uns für das Neue zu öffnen, ist es natürlich wichtig, parallel auch das zu betrachten und zu erforschen was uns im Weg steht. Almaas, ein bedeutender Lehrer unserer Zeit, legt immer Wert
darauf, zu erkennen, dass unsere innerpsychischen Muster nichts Schlechtes sind und entfernt werden müssten. Wir haben alle einen verdammt gut Grund dafür, dass wir uns so entwickelt haben wie
wir jetzt sind - mit all den Vermeidungsmustern, Ängsten, Verteidigungs- und Abwehrstrategien. Diese Muster haben uns irgendwann geholfen existenziell zu überleben. Und jetzt können wir
schauen, ob sie wirklich noch nötig und nützlich sind.
Je mehr der Wandlungsprozess in Gang kommt, je mehr finden wir zu unseren essentiellen Qualitäten. Nehmen wir noch einmal das Beispiel von Stärke. Wir Männer haben alle die Konditionierung "ein
Mann muss stark sein - nur eine starker Mann ist ein richtiger Mann". Und dann strengen wir uns unheimlich an, stark zu sein. Manche sind darin erfolgreicher als andere und kehren ganz besonders
den Starken heraus. Wenn der Mann mal ganz ehrlich zu sich selbst ist, wird er spüren, dass seine Stärke zu einem großen Teil Fassade ist und es ihn sehr anstrengt, das ständig aufrecht zu
erhalten.
Sobald wir Männer uns von unseren alten Mustern befreien und die immanent in uns angelegte "weiblichen" Qualitäten kultivieren, werden wir mit Würde in unserer "männlichen" Kraft ruhen. Wir
müssen uns dann nicht mehr anstrengen oder sogar künstlich zum Superman aufblasen, sondern können einfach in unserer kraftvollen Mitte ruhen. Dann sind wir in unserer essentiellen Qualität. Am
passenden Ort und zur richtigen Zeit gehen wir kraftvoll mit Freude und Leichtigkeit für unsere Sache, machen gute Pläne, entwerfen funktionierende Konzepte, bauen schöne Häuser, verfolgen unsere
Ziele und entwickeln Projekte, die unserem Wohl und dem Wohl aller Menschen und des Großen Ganzen dienen.
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